this post was submitted on 24 Feb 2025
57 points (98.3% liked)
DACH - Deutschsprachige Community für Deutschland, Österreich, Schweiz
2581 readers
622 users here now
Das Sammelbecken auf feddit.org für alle Deutschsprechenden aus Deutschland, Österreich, Schweiz, Liechtenstein, Luxemburg und die zwei Belgier. Außerdem natürlich alle anderen deutschprechenden Länderteile der Welt.
Ursprünglich wurde diese Community auf feddit.de gegründet. Nachdem feddit.de mit immer mehr IT-Problemen kämpft und die Admins nicht verfügbar sind, hat ein Teil der Community beschlossen einen Umzug auf eine neue Instanz unter dem Dach der Fediverse Foundation durchzuführen.
Für länderspezifische Themen könnt ihr euch in folgenden Communities austauschen:
Eine ausführliche Sidebar mit den Serverregeln usw. findet ihr auf der Startseite von feddit.org
___
founded 8 months ago
MODERATORS
you are viewing a single comment's thread
view the rest of the comments
view the rest of the comments
Ich muss sagen, ich finde den Straftatbestand der Beleidigung echt schwierig.
Viele Aussagen, die juristisch unter Beleidigung fallen, sind in der Alltagssprache komplett normal und würden niemanden "entehren". Wichser, Arschloch, etc. Dafür ein Gericht zu involvieren - und dann auch noch Recht zu bekommen - ist vom Vibe her nur Millimeter von "der Lehrerin sagen gehen" entfernt. Ein kindisches Verhalten, das vom archaischen Ehrenverständnis eines kleinbürgerlichen Gesetzbuches auch noch gestützt wird.
Ich dachte früher auch so, aber es sollte eben nicht die Norm sein, dass Leute mit solchen Begriffen um sich werfen.
Natürlich ist das in Freundeskreisen manchmal die Norm (Bei mir auch nicht), aber Lehrer zum Beispiel sollten sich soetwas von Eltern nicht anhören müssen. Genausowenig Polizisten, die nur ihre Arbeit machen und ein Ticket für Zuschnellfahren verteilen. Oder ein Fußgänger, weil er "zu langsam" über den Zebrastreifen geht. Das ist einfach eine Verrohung des gesellschaftlichen Lebens.
Vielleicht bist du so abgebrüht, aber mir tut es schon weh, beschimpft zu werden. Genauso, wie ein leichet Schlag schmerzt, auch wenn kein sichtbarer bleibender Schaden entsteht.
Mir geht es eher darum, dass nicht alles, was man nicht gut findet sofort eine Straftat sein sollte.
Allein die Tatsache, dass man durch eine reine sprachliche Spielerei (siehe Artikel) eine Beleidigung im juristischen Sinne abwenden kann, zeigt doch, dass es hier nicht um den Inhalt, sondern den Stil geht.
Das ist nicht sprachliche Spielerei, wenn eine Aussage nicht ehrverletzend ist dann ist es nicht nur aus juristischer Sicht keine Beleidigung. Das Schutzgut ist die persönliche Ehre, nicht das Anstandsgefühl, die Lachmuskeln oder sonstwas.
Die ganze Prämisse des Artikels ist, dass es möglich ist, jemand zu beleidigen, ohne eine Beleidigung im juristischen Sinne zu begehen. Du hättest literally nur die Überschrift lesen müssen.
Entsprechend ist das Schutzgut hier irrelevant, denn offensichtlich kann ich diesen Schutz legal umgehen.
Ich werd' mich hier jetzt nicht hinstellen und Journalisten verteidigen.
Auf der anderen Seite ging's dir aber um dass es (was auch immer "es" ist) verboten ist, und, nein, einen Polizisten bei der Kontrolle Wegelagerer zu nennen ist es halt nicht. Leute mit Stock im Arsch mögen frech und aufmüpfig sein als Beleidigung ansehen, das Gesetz sieht das anderes. Und um diesen Unterschied geht's im Artikel.
Und genau der Unterschied ist mein Punkt.
Beleidigung als Delikt ist ein Überbleibsel aus früherer Zeit und allein die Tatsache, dass ich auf die Tagesform des Richters angewiesen bin, zeigt doch, wie absurd das Gesetz ist.
Also wenn du wieder Duelle einführen willst dann können wir das gerne tun. Ich wähle Fäuste.
...es gibt da diese Sache die nennt sich Menschenwürde, aus der abgeleitet die persönlichen Rechte. Dazu gehört auch die Ehre. Wenn du die nicht durch den Beleidigungsparagraphen schützt dann musst du das anderweitig erlauben, ansonsten greifst du Grundfesten des Rechts an.
Mit dem Argument "das kommt auf Tagesform an" kannste gegen jedes Gesetz wettern. Dafür gibt's Instanzen.
Ich glaube es ist schon wichtig anzuerkennen, dass das Konzept einer "Ehre" die angegriffen werden kann großen Teilen der Gesellschaft mehr zeitgemäß vorkommt. Beleidigung als Straftatbestand ist in großen Teilen einfach nur noch ein Werkzeug zur Gängelei auf der Basis von Hörensagen. Und dann kann man schon mal die Frage stellen ob man das nicht vielleicht abschaffen möchte.
Wir können den vierzehnten Abschnitt gerne zu "Delikte gegen die persönliche Ehre" umbenennen, das Wort Beleidigung braucht's aber trotzdem um den Tatbestand gegen Verleumdung und üble Nachrede abzugrenzen. Kannst es Verunglimpfung nennen oder sowas aber das läuft auf's gleiche drauf raus.
Ich finde einfach dass man in sowas wie die persönliche Ehre den Staat nicht involvieren braucht. Bei Verleumdung und übler Nachrede entsteht ja tatsächlich oder potentiell materieller schaden, das ist was anderes. Bei einer Beleidigung leidet höchstens das Ego.
...nein. Beleidigung ist im Prinzip Verleumdung ohne Faktenbehauptung und die ist nicht sonderlich weniger effektiv wenn's darum geht Rufmord zu betreiben. Jetzt kannst du sagen "aber das gilt nur in der oeffentlichkeit", und, auf dem ersten Blick, ja, aber der Mensch ist Mensch und uns sträuben sich die Nackenhaare auf wenn sowas passiert, wenn unserer Ruf geschadet werden könnte wenn jemand das hören würde. Sowas macht kirre und warum sollten andere Menschen das Recht haben einen kirre zu machen.
Und dann gibt's da noch das Verrohungsargument. Guck' doch einfach mal in die USA, wie da Menschen miteinander umgehen.
Es macht einen nur kirre wenn man noch an diesem veralten Konzept einer Ehre fest hängt, was heute eher mit dem was landläufig Ego beschreibt gleichzusetzen ist. Und ich finde das sollten weniger Leute tun, das schadet nur allen anderen wenn man zu sehr an seinem eigenen Ego hängt.
Wenn ich beobachte wie jemand jemanden in der Öffentlichkeit beleidigt habe ich meistens übrigens eher Sympathie für das Opfer anstatt anzunehmen, der Täter hätte bestimmt einen Grund. Es führt in meinen Augen nicht wirklich zu einem Schaden am Ruf des Opfers, eher im Gegenteil.
Das Problem an der Verrohung ist außerdem auf keinen Fall die Beleidigung, sondern die Bereitschaft Drohungen aus zu sprechen die dann in die Tat umgesetzt werden. Das wiederum sind aber wieder ganz andere Tatbestände.
Aber wenn du schon in die USA zeigst, zumindest im Alltag ist der Umgang dort viel freundlicher als bei uns in Deutschland.
Das sind komplett verschiedene Dinge. Ehre hat was mit Achtung zu tun und damit vom Würdebegriff nicht zu trennen. Und nur weil du das Opfer achtest bedeutet das nicht dass es nicht anderweitig verletzt wird. Es fühlt weiterhin soziale Aggression, Ausgrenzung, usw. Generell: Psychologische Gewalt. Das kannste vielleicht wegmeditieren aber dann sind wir bei Mönchen die sich selbst verbrennen, die den Instinkt zur Selbsterhaltung überwunden haben.
Ich finde schon dass es sich gehört dass der Lindner nicht einfach "Dreckspenner" sagen kann, sondern sich mit "Eure Armut kotzt mich an" begnügen muss: Die Achtung ist immer noch nicht da, dafür muss er sich aber immerhin selbst beschreiben und damit auch selbst bloßstellen. Damit ist dann ein gewisses Gleichgewicht hergestellt.
Find ich ne wilde Begründung. Es geht also nicht wirklich um die Achtung? Sondern darum, dass eine halbwegs nette Packung um den Hass drumrum ist?
Er macht sich durch die Bloßstellung selbst verächtlich, setzt den anderen nicht weiter herab als sich selbst. Das ist mehr als eine "nette Packung", das ist ein Dolch mit zwei Klingen statt Griff.
Juristen leben inzwischen in einer Art Parallelgesellschaft, die mit dem normalen Leben nur noch wenig zu tun hat.
inzwischen? Ein Jurist im Familienkreis sagte mir schon vor 25 Jahren, dass Juristen nicht wie Menschen denken.
Dazu kam dann eine Anektdote, wo ein Richter mal sagte, dass vor Gericht die Gesetze der BRD und nicht die Gesetze der Physik gelten.
Wurde damals unter Strafe gestellt als Duelle verboten wurden.
Es steht dir weiterhin frei auf eine Beleidigung mit "Sie erscheinen mir nicht satisfaktionsfähig" zu antworten und von einer Anzeige abzusehen. Das gehört halt auch zum Ehrverstàndnis.
Mir geht's eher um den andere Richtung. Jemand kann aus dir aus relativ harmlosen Bemerkungen eine Beleidigung reindrehen. Und ob das dann "wirklich" eine Beleidigung ist, hängt hauptsächlich davon ab, ob der richtige vor der Verhandlung noch was gegessen hat (im Übrigen kein Witz, gibt Studien dazu).
Als ob "der Lehrerin sagen gehen" so falsch wäre.
Wenn mich ein fremder unberechtigt Wichser nennt, fände ich es von meinem persönlichen Gerechtigkeitsempfinden völlig ok ihm eine runter zu hauen. Darf ich aber nicht. Vielleicht kann wäre es auch unklug, weil er ein 2 Meter Bodybuilder ist, im Kreise seiner Bros. Also zeig ich ihn halt an. Ist doch besser als den Schwanz einzuziehen.
Zum einen wissen wir beide, dass das ein absurdes Beispiel ist.
Zum anderen ist doch hier das eigentliche Armutszeugnis, das "Wichser" und "eine reinhauen" für dich gleichwertig sind. Wie oft haben dir Worte denn bitte den Kiefer gebrochen? Und musstest du schon mal wegen Worten ins Krankenhaus? Weil jemand dich Wichser genannt hat?
Reinhauen ist nicht runterhauen und von gleichwertig habe ich nicht gesprochen. Die rhetorischen Fragen danach sind dadurch völlig Banane, aber wären sowieso irrelevant.
Das realistische Beispiel ist doch eher der Assi, der mit seinem Verbrenner direkt auf dem einzigen E-Autoladeplatz an der Autobahnraststätte parkt obwohl noch viele andere frei sind (aber halt nicht direkt neben der Eingangstüre), und auf sein Verhalten angesprochen einen dümmlich angrinst und “Verklag mich doch" sagt, aber komplett ausrastet wenn man ihn gerechtfertigterweise dann Arschloch nennt.
(Von realen Ereignissen inspiriert)
Empörend, aber ich bin nicht sicher für was das ein Beispiel ist.